Find a church
Find a church
chrigi
23 Aug 2022

Ich lebe immer noch

Warum sage ich «Ich lebe noch»? Es ist doch normal, dass wir leben. Aber ist es das wirklich? Nicht, wenn ich an meine eigene Geschichte denke.

Im Oktober 2020 machte ich beim Ausräumen der Geschirrspülmaschine eine falsche Bewegung und hatte daraufhin starke Schmerzen. Der Arzt erstellte ein Röntgenbild, worauf im Lungenfell ein Erguss sichtbar war. Er gab mir daraufhin zur Behandlung Schmerzmittel und Entzündungshemmer mit nach Hause. Aber die Schmerzen wurden immer stärker. Es folgten mehrere Arztbesuche, und irgendwann entschied mein Frauenarzt, der mich 2012 während meiner Brustkrebsbehandlung begleitet hatte, mich zu einem CT-Pet anzumelden. Das Untersuchungsergebnis war niederschmetternd: rezidiver Brustkrebs mit Metastasen in Knochen, Lunge und Leber. Mit Chemotherapie und Bestrahlung hatte ich eine Lebenserwartung von zwei Jahren oder mehr, ohne Chemotherapie blieben mir noch drei Wochen bis höchstens drei Monate zu leben. Ich entschied mich für eine Therapie, doch Ende März 2021 brach ich alles ab. Ich musste täglich erbrechen, und das Morphinpräparat, welches mir verschrieben wurde, wirkte nicht mehr. Nach einem Schmerzarztwechsel erhielt ich endlich ein anderes Morphinpräparat, aber letzten September stieg der Krebsmarker. Darauf entschied ich mich, nur noch Therapien zu machen, welche meine Lebensqualität erhalten, und mir wurde eine Ärztin in Palliativpflege zugewiesen. Auf einmal hatte ich immer mehr Mühe mit dem Atmen. Der Erguss in meinem Brustfell wurde so gross, dass ich eine Punktion machen musste, und schon nach zwei Wochen war eine erneute Punktion notwendig. Die Ärztin entnahm 1,5 Liter Flüssigkeit und vermutete, dass noch mehr da war. Diese Punktionen sind sehr schmerzhaft und kräftezehrend, und ich entschied mich, keine weiteren vorzunehmen. Vor zwei Wochen folgte ein operativer Eingriff am Brustfell, von dem ich mich im Moment erhole.

Wie gehe ich mit diesem Spannungsfeld um, tödliche Diagnosen gestellt zu bekommen und doch immer noch da zu sein? Eine Zeit lang schrieb ich jeden Tag in meinem Blog. Im Moment bin ich nicht mehr so fleissig. Vor allem glaube ich an einen Gott, der Wunder tut und weiss, dass ich gesund werde! ER hat mir noch nicht geflüstert, ob ich hier gesund werde oder erst bei IHM, aber seit ich krank bin, geniesse ich das Leben in vollen Zügen und bin glücklich, dass mein Schatz und meine vier erwachsenen Kinder zu mir stehen. Vor zwanzig Jahren wäre das so nicht möglich gewesen, als die Kids alle noch klein waren.