In Diskussionen rund um aktuelle, teilweise kontroverse Themen wird immer mal wieder die Frage gestellt, ob wir denn unserem Erbe noch treu sind.
Die Frage nach dem Erbe hat uns dazu veranlasst, an der diesjährigen Pastorentagung verschiedene Impulse zum Erbe der BewegungPlus (bis zum Jahr 2000 unter dem Namen «Gemeinde für Urchristentum») zu geben. Beim Vorbereiten meines Beitrags realisierte ich, wie reich unser Erbe ist, und ich möchte im Folgenden einige wichtige Stränge unseres Erbguts beleuchten.
Zu unseren Gründervätern gehören Pfr. Drollinger und Pfr. Willenegger. Beide waren verwurzelt in der reformatorischen Theologie. Dadurch haben auch die vier «Soli» unsere Bewegung mitgeprägt:
Als ich mit 20 Jahren eine persönliche Begegnung mit Christus hatte, erkannte ich, dass es primär um Gott geht und nicht um meine eigene Frömmigkeit, mit der ich bloss Bestätigung von anderen Menschen suchte (und auch fand). Dieses reformatorische Anliegen begleitet uns weiter.
Dazu gehört, dass wir nicht als Christen geboren werden, sondern es eines persönlichen Glaubens und einer Nachfolge bedarf. Die Gemeinde besteht denn auch aus Personen, die sich für diesen Weg entscheiden und dadurch miteinander verbunden sind. So sind wir eine Freikirche, zu der Menschen freiwillig gehören.
Eine weitere prägende Figur in unserer Bewegung war Johann Widmer, der seine Wurzeln in der Evangelisch-methodistischen Kirche hatte. Für die Methodisten ist wichtig, dass aus dem Glauben auch gute Werke folgen. Zur Rechtfertigung aus Gnade allein kommt somit die aktive «Heiligung». Das gehört auch zu uns: wir streben einen lebendigen, ja lebensverändernden Glauben an, der auch gegen aussen sichtbar wird.
Schon ganz am Anfang der GfU gehörten pfingstlich-charismatische Erfahrungen dazu. Durch die Kontakte zur apostolischen Bewegung wurden diese Erfahrungen vertieft. Dadurch zählen wir uns zur weltweiten Pfingstbewegung und das Wirken des Geistes ist für uns zentral. Doch was meint der Begriff «pfingstlich»? Es geht nicht in erster Linie um die Erfahrung der Geistestaufe, die durch das Zeichen der Zungenrede bestätigt wird. Vielmehr geht es darum, dass wir durch Geist für unser Leben und unseren Dienst bevollmächtigt und befähigt werden. Gottes Geist ist ein Geist der Kraft und der Freude! Wie, wann und wo er erfahren wird, ist individuell verschieden. Persönlich sehne ich mich wieder stärker nach dem Wirken des Geistes, denn es ist ein Teil des Lebens mit Gott.
Mit der apostolischen Bewegung verbinden uns Beziehungen, die in letzter Zeit wieder intensiviert wurden. Merkmal dieser Bewegung ist die Betonung des fünffachen Dienstes nach Epheser 4,11-12. Auch wenn wir diese Titel nicht gebraucht, teilen wir mit dieser Bewegung das funktionale Leiterschaftsverständnis, das Schwerpunkte im Dienst klar benennt und profilierte Leiter hervorbringt, die sich durch andere ergänzen lassen.
Wir wurden auch geprägt durch evangelikale Theologie. Wir wollen der Bibel treu sein und sie nicht kritisch infrage stellen. Dazu gehört auch die Frage nach der Wahrheit der Schrift. Dabei dürfen wir nicht einen fremden Wahrheitsbegriff an sie herantragen, sondern sie soll von ihrem Selbstverständnis her ausgelegt werden. Auch Evangelisation und Mission gehören zum evangelikalen Erbe. Wir wünschen uns, dass Menschen zu Gott umkehren, von ihm ein neues Leben erhalten und nicht verloren gehen. Es ist deshalb unser Auftrag, Jesus bekannt zu machen und Menschen mit ihm in Verbindung zu bringen.
In der bisherigen Geschichte ist deutlich geworden, dass immer wieder neue Impulse aufgenommen wurden. Es gehört eben gerade zum Erbe der BewegungPlus, dass wir aus allen Begegnungen lernen und Neues oder Anderes auf gesunde Weise integrieren. Ich möchte einige Beispiele erwähnen, die uns bereichert haben:
Als BewegungPlus haben wir ein vielfältiges Erbe, dem wir treu sein wollen. Dabei wissen wir jedoch, dass wir nicht dem Erbe an sich verpflichtet sind, sondern Gott und Jesus, der uns durch den Geist auch neue Wege führt. Ich persönlich bin unglaublich dankbar für alles, was ich in der BewegungPlus erfahren habe und selber einbringen durfte. Wir sind ein Teil der weltweiten Kirche – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Was für ein Privileg!
Dieser leicht überarbeitet Beitrag wurde als Referat an der jährlichen Pastorentagung der BewegungPlus Schweiz im November 2021 gehalten.