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Thore 2
08 Aug 2022

Die Kirche: ein Ort der Hoffnung

Thore Runkel war einer der Gastredner an der diesjährigen Ministry Conference in Winterthur. Ein vertiefendes Interview zu seiner Sicht von Kirche.

Thore, du hast mit deiner Frau und Freunden zusammen die «Basiskirche» gegründet. Was ist das Herz hinter dieser Namensgebung?

Namensfindung für Kirche ist superschwierig. Entweder hört sich eine Kirche martialisch-krass an wie Holy Spirit Warrior for Christ Church oder so ähnlich. Das klingt zwar sehr abenteuerlich, ist aber für viele Erstbesucher furchtbar. Daneben gibt es diese ganzen Abkürzungen wie CCG, FEG, etc., bei denen die allermeisten Menschen nicht wissen, was sie bedeuten, und die nicht brückenbauend sind. Namen wie Jesus Zentrum oder Oase sind zwar nice, aber wir wollten einen Namen finden, der nicht als Erstes christlichen Content kommuniziert, eine gewisse Message transportiert, aber gleichzeitig identifizierend ist.

Und so seid ihr auf den Namen «Basiskirche» gekommen?

Es war am Ende einfach der beste Name. Es sagt, was es ist, und man kann ihn gut benutzen. Es ist total wichtig, dass sich mit dem Namen zum Beispiel der auszudrücken oder die Menschen zu identifizieren. Das funktioniert mit dem Namen «Basis» ganz gut. Wir nennen die Menschen unserer Kirche «Basispeople», das Gebäude ist das «Basis Headquarter» und so weiter. Sowas klappt nicht mit jedem Namen.

Ich habe ein ambivalentes Verhältnis zur Kirche: Ich liebe sie, finde sie aber auch anstrengend. Wie würdest du dein Verhältnis zur Kirche beschreiben?

Von unserer Geschichte her konnten wir mit Kirche zuerst mal nichts anfangen und sind überall rausgeflogen von dem, was sich damals Kirche nannte. So dachten wir: Kirche ist ein überholtes Konzept – bis wir herausgefunden haben, dass Kirche Gottes Plan ist und unsere Aufgabe darin besteht, das Beste daraus zu machen. Es ist die beste Möglichkeit, um das Reich Gottes in die Welt zu bringen.

Was ist denn deine Vorstellung von Kirche?

Dass sie ein Ort ist, an dem die Menschen aufblühen. Dass sie auch ein Ort ist, wo Menschen Veränderung erleben und ein Zuhause finden. Kirche soll die Menschen träumen lassen, Atmosphäre schaffen und ihnen aufzeigen, was sie brauchen oder vermissen, weil sie es dort erleben. Für mich ist der Begriff Kirche heute tatsächlich positiv besetzt. Ich weiss um all die schwierigen Dinge rund um Kirche, die vielen Probleme und Geschichten, aber ich will es nicht akzeptieren, dass sie mein Verhältnis dazu prägen. Vielmehr möchte ich einfach auf das bauen, was die Bibel darüber sagt und wovon ich deshalb glaube, dass Kirche es auch sein kann. Ich will ihr Potenzial erkennen und versuchen, es zu realisieren.

Hast du ein Bild dafür?

In der Kirche sind keine besseren Menschen, das ist mir vollkommen klar. Alles Schwierige, was es draussen gibt, gibt es auch in der Kirche. Aber wir können es doch schaffen, sie in der Kraft des Heiligen Geistes zu einem Ort der Hoffnung zu machen. Ein Ort, an dem die Menschen spüren, dass Jesus real ist. Es ist wie das Tor zum Himmel. Deswegen wollen wir sie so bauen, dass Leute, die reinkommen, sagen: «Das ist einfach klasse!» Dass sie sich angenommen und gesehen fühlen. Dabei bleibt Kirche geheimnisvoll, weil Gott am Start ist. Deshalb ist sie ein heiliger Ort. Aber nicht das Gebäude, sondern die Menschen. Unser Gebäude ist einfach nur eine Lagerhalle, die von aussen ziemlich hässlich ist. Drinnen jedoch sollen die Menschen etwas von Gott erleben.

Leidenschaft kann man nicht produzieren, aber sie hat immer ihre Quellen. Welche Quellen hast du für deine Leidenschaft zum Bau der Kirche?

Ich glaube, das ist meine Beziehung zu Jesus. Das kann ich wirklich sagen. Ich bin Pastor, weil ich überzeugt bin, dass Gott mich liebt und da drin haben will. Ich sehe einfach das Potenzial, was sein könnte, und das will ich abrufen und es den Menschen, die kommen, vermitteln. Meine Hoffnung ist, dass sie es weitertragen, noch grösser bauen und mehr Menschen erreichen, weil es wirklich um etwas geht. Es geht nicht darum, ein feines Leben zu haben oder es den Christen leicht zu machen und sie aus einer gesetzlichen oder traditionellen Kirche rauszuholen und stattdessen in eine Kirche hineinzustellen, die modern, nice, nicht anstrengend ist und tolle Musik hat.

Worum geht es dann?

Es geht um viel mehr. Es geht darum, dass die Menschen verstehen, dass sie Rettung und Jesus brauchen, dass es eine Zukunft mit Gott gibt und dass es um Leben und Tod geht. Das ist meine Motivation zu bauen. Das ist mein Ding. Ich glaube, dass alles, was an Veränderung in die Gesellschaft hinausgeht, im Haus Gottes beginnt.

Wie meinst du das?

Egal ob Geschäftsleute, Politiker, Lehrer, who ever: wenn sie in einer gesunden Kirche gross werden und dort lernen, was es heisst, ein gesundes Leben zu führen, gute Entscheidungen zu treffen für ihr Leben, Verantwortung zu übernehmen und in Gnade aufzuwachsen, dann, glaube ich, wird das riesige Auswirkungen auf alles um sie herum haben. Ich habe aber nicht einen Gesellschaftswandel zum Ziel, sondern denke einfach, dass das automatisch geschehen wird, wenn Jesus anfängt, in den Herzen der Menschen zu schlagen.

Ihr hattet ja Wachstum und eine tolle Kirche. Dann habt ihr euch 2018 dem Equippers-Netzwerk angeschlossen. Warum? Ihr hättet ja sagen können wir machen unser eigenes Netzwerk.

Ich spürte, dass wir nicht das Mandat dafür haben. Es ist verlockend, das zu glauben, denn es ist ein grossartiges Gefühl, bei denen dabei zu sein, die grösser sind. Aber ich spürte, dass es nicht das ist, was wir sind und auf Dauer baut. Ich hatte nur ganz wenig den Blick für das Internationale. Mein Herz hat dafür geschlagen, dass Menschen in Deutschland Jesus Christus kennenlernen. Das ist für mich die grösste Mission. Ich hatte schon Angebote, in die USA auszuwandern und dort als Informatiker zu arbeiten, aber ich habe sie abgelehnt, weil ich wusste, dass Gott mich in mein eigenes Land als Missionar beruft.

Ist dir das Zuhause-Bleiben leichtgefallen?

Manchmal war es ganz schön schmerzhaft. Zwar bin ich gerne Deutscher, aber es ist manchmal auch anstrengend, wenn man so ist, wie ich. Ich bin sehr freiheitsliebend, aber wir Deutschen haben einen Hang zu Sicherheit, Vorsicht und Ängstlichkeit, was ich nicht schätze. Aber ich bin berufen hier zu sein und meinen deutschen Landsleuten Jesus zu zeigen. So verstehe ich meinen Auftrag. Aber wir wollen diesen Internationalen Anschluss haben und haben ihn im Equippers-Netzwerk gefunden.

Wie muss sich die Kirche in den nächsten Jahren entwickeln, damit Menschen Jesus kennen lernen können.

Sie muss Gott Glauben schenken. Es gibt momentan zu viele dekonstruktive Bewegungen innerhalb der freien Kirchen. In Deutschland ist leider die Mehrheit der Evangelischen Kirchen nicht mehr vom Gedanken, die gute Botschaft von Jesus und seiner Vergebung weiterzugeben, sondern häufig mit vielen politischen Inhalten gefüllt. Die Katholische Kirche kämpft wacker um ihre Werte.

Und die Freikirchen?

Die Freikirchen sind dabei, alles Mögliche in Frage zu stellen und viele postmoderne Diskussionen zu führen, statt zurückzukommen und zu sagen: Hey, was ist eigentlich der Kern? Worum geht es? Es geht doch darum, dass Menschen Jesus kennen lernen und vom Heiligen Geist erfüllt werden. Alles andere ergibt sich aus dem heraus. Es erfüllt mich mit Sorgen, dass wir viel von dem liegen lassen. Ich glaube, wir sollten der Bibel vertrauen. Sie ist Gottes Wort und da ist Kraft zur Veränderung drin. Deshalb liegt auch Zukunft darin für die Menschen. Das klingt jetzt ziemlich old school, aber ich bin überzeugt: Die Verpackung muss neu sein, aber der Inhalt sollte sich immer noch an das anlehnen, was Jesus gesagt hat. Da gibt’s nichts Neues, aber darin liegt echte Zukunft.

Zum Schluss: Was würdest du Leiterinnen und Leitern raten, die sich müde gearbeitet haben und denen der Glaube fehlt, dass Gott in ihrer Kirche wirklich am Werk ist?

Das ist eine gute Frage. Natürlich gibt es dazu unterschiedliche Perspektiven. Ich nehme jetzt mal nicht die eines verständnisvollen Seelsorgers ein, sondern spreche zu der Kraft und Berufung, die in jedem Leiter liegen. Ich will sie daran erinnern, dass wir Leiter selbst verantwortlich sind für den Zustand unserer Herzen und Gedanken. Wir müssen unser Herz und unseren Kopf beschützen, und auch das Feuer der Leidenschaft und den Hunger in uns. Wir dürfen unsere Gedanken nicht zerstreuen lassen. Wenn wir allem und jeder Quelle zuhören und ein Gewicht geben, bleibt irgendwann nichts zurück ausser einem riesigen Salat von Theorien, bei dem sich die Fragen gegenseitig im Kopf ablösen. Dann ist das Christentum am Ende nichts mehr als eine alternative Metaerzählung. Oder aber wir erkennen die Zeichen der Zeit und antworten mit Glauben.