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22 Nov 2023

Das grosse OBWOHL

Welche Emotionen schwingen mit bei der Vorstellung, dass Gott uns sieht? Eine #amendazu!-Kolumne

«Nüt, Herr, erfüllt dis Herz, wie we du üs chasch gseh.» Als ich diese Liedzeile aus «Hus vom Lob» erstmals sang, dachte ich, der Liedfolienschreiber hätte sich wohl verschrieben. Wurde hier nicht Subjekt und Objekt vertauscht? Das brachte mich ins Nachdenken über Gottes Blick auf uns Menschen.

Die ältere Generation wuchs mit einem sauronhaften Radarfallenblick Gottes auf. Pass auf, kleine Hand, was du tust! Das drohend-strafende Richterauge war das Mittel einer Abschreckungspädagogik aus dem Kalten Krieg. Doch dann fiel die Mauer, und mit ihr veränderte sich zum Glück auch der Blick Gottes. Jetzt klang «Gott liebt uns» durch die Säle. Doch beim genauen Hinhören haftete der Liebe Gottes ein grosses OBWOHL an. Gott liebt mich, OBWOHL ich nicht liebenswürdig bin. Es ist der grossherzig-gnädige Blick eines Gottes, der sich über die Menschen erbarmt, obwohl diese es mächtig verkackt haben.

Das ist ja definitiv nicht falsch, aber mit dem Mass wurde so übertrieben, dass sich die Liebe Gottes mit einem miserablen Selbstbild vermischte. Immer wenn wir «Gott liebt uns» hörten, stand uns sofort vor Augen, dass wir das nicht verdienten. Muss das wirklich sein? In der Bibel begegnet mir (auch) ein Gott, der sich über seine Geschöpfe freut, WEIL sie liebenswürdig sind. Weil so viel Schönes, Würdiges und Gottähnliches an ihnen ist. Von dieser Freude könnte unsere Vorstellung von Gottes Blick auf uns noch eine gute Portion ertragen. Deshalb singt es in mir bei der besagten Liedzeile immer: Amen dazu!