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15 Jan 2024

«Es ist manchmal schwer auszuhalten»

Der Leiter von MissionPlus schaut im Interview zurück auf das vergangene Jahr und wagt einen Ausblick.

Was waren deine grossen Aufsteller von 2023?
Die vielen Einsätze, die letztes Jahr zustande kamen (Togo, Italien, Bosnien, Nepal und Tschad), waren eine riesige Ermutigung für mich. Es löste in verschiede Richtungen eine ansteckende Dynamik aus. Frei und offen wurde der Glaube an Gott mit Begeisterung geteilt. Ich denke gerade an jene Episode in Togo, wo eine bettlägerige Grossmutter in einem hoch gehaltenen, mit Wasser gefüllten Tischtuch getauft wurde, da sie den Gang an den Fluss nicht geschafft hätte. Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren wagten, ihre Komfortzone zu verlassen, um sich auf unbekannte und für uns kulturell oftmals aussergewöhnliche Menschen einzulassen. Partnerschaft wurde auf Augenhöhe gelebt, es wurde aus derselben Schüssel gegessen und mitunter im Rahmen von Gottesdiensten auch getanzt, was das Zeug hielt. Allem voran durften Einsatzteilnehmende neu entdecken, was es heisst, sich auf Gott einzulassen und zu erleben, wie Gott sie braucht, so wie sie sind.

Und im Gegensatz dazu?
Es ist manchmal schwer auszuhalten, wie an gewissen Orten gefühlt fast Erweckung ausbricht, währenddessen an anderen Orten geistliche Dürre herrscht. In Westafrika begegnen zahlreiche Menschen mit muslimischem Hintergrund Jesus und werden durch erlebte Hoffnung sichtlich verändert und dies trotz erschwerter Lebensbedingungen und Schicksalsschlägen. Anderswo hingegen scheint es, als würde eine undurchlässige, dunkle Decke sämtliche Lichtstrahlen aufsaugen und daran hindern, Leben zu entfachen. So scheint es in Bosnien der Fall zu sein. Man hört, dass gerade der durch Krieg gezeichnete ältere Teil der Bevölkerung kaum mehr imstande ist, von Gott auch nur etwas annähernd Gutes zu erwarten. Die wenigen übrig gebliebenen Gemeinden in Bosnien schrumpfen und Resignation scheint sich breit zu machen. Das setzt mir zu und lässt mich mit der Frage zurück: Was können wir tun? Tragen wir hier als MissionPlus eine Verantwortung?

Politische Aufstände im Niger, Terroranschläge in Burkina Faso – Reisen ist in beiden Ländern erschwert, wenn überhaupt möglich…
Gerade in spannungsgeladenen Zeiten, wie sie Burkina Faso und Niger seit Längerem kennen, erweist sich eine funktionierende Partnerschaft in vielerlei Hinsicht als tragend. Zum einen halten wir die Projektunterstützungen in Bereichen wie theologische Ausbildung, Frauenförderung, Alphabetisierung und Betreuung von ländlichen Kirchgemeinden aufrecht. Zum anderen investieren wir durch die noch immer funktionierenden sozialen Medien weiter in Beziehungen, erkundigen uns nach dem Wohlergehen unserer Partner und sprechen ihnen durch gelebte Freundschaft Mut zu. Vor zwei Wochen erhielt ich eine Nachricht mit folgenden Worten: «Je t’informe à la même occasion qu’aujourd’hui ça fait 20 ans que tu as célébré notre mariage. Nous rendons grâce à Dieu de vous avoir mis sur notre chemin.» (Bei der Gelegenheit informiere ich dich darüber, dass es heute 20 Jahre her ist, dass du uns getraut hast. Wir danken Gott, dass er dich uns über den Weg geschickt hat.) Reisen nach Burkina Faso ist wieder möglich; bereits im Februar wird unser Landesverantwortlicher vor Ort sein. Und im November 2024 werden wieder je zwei Personen aus Niger und Burkina Faso am Seminar für Gemeindegründung unter Muslimen in Äthiopien teilnehmen.

Was bewegt dich, wenn du auf die kommenden Monate blickst?
Wir leben in verrückten Zeiten, in der die einzige Konstante im Leben Veränderung ist. Umso wichtiger ist es, dass wir den Schulterschluss mit Partnern suchen. Werke und Organisationen, die dasselbe Anliegen wie wir haben: gesellschaftsprägende Jesus-Nachfolge zu leben. Schaffen wir das als MissionPlus, dass wir unsere langjährigen Partnerschaften so gestalten, dass diese den jetzigen Bedürfnissen gerecht werden und zugleich zukunftsweisend sind? Wo ist Konstanz und wo Neuausrichtung angesagt? In diesen «Kalibrierungsprozessen» braucht es gute Kommunikation, die gutes Hinhören und klares Reden vereint.

Was sind deine Träume für MissionPlus im 2024?
Mein Traum fürs 2024 ist, dass wir bezüglich eines möglichen Engagements in Bosnien Klarheit bekommen. Soeben höre ich von unserer Schwesterbewegung «Chiesa Apostolica in Italia», dass sie einen ähnlichen Prozess durchmachen wie wir. Nur sind sie bereits weiter als wir. Sie sind drauf und dran, ein Ehepaar in den muslimisch geprägten Teil von Bosnien zu senden und sind dort in Kontakt mit einer losen Gruppe von Christen, die sich für einen Neuanfang startklar macht. Ist das ein für uns «vorgepfadeter» Weg? Vielleicht wollt ihr mit uns beten, wie unsere nächsten Schritte diesbezüglich aussehen sollen. Danke für eurer Mittragen!